[00:00.000]Folge 220. 40 Künstler in Hannover, die Honigschleuder.
[00:09.000]Hallo, liebe Leute!
[00:12.000]Vor einigen Wochen fand in Hannover eine ganz interessante Kunstausstellung statt.
[00:20.000]Und zwar ist das eine Ausstellung mit 40 Künstlern.
[00:25.000]Und diese Künstler kommen zum Teil aus Hannover,
[00:29.000]aber zum Teil sind es auch internationale Künstler, die aus allen möglichen Ländern kommen.
[00:35.000]Und ich war einer dieser Künstler, ich habe dort auch teilgenommen
[00:40.000]und diese Kunstausstellung heißt die Honigschleuder.
[00:45.000]Und auf diese Ausstellung möchte ich euch heute gerne mitnehmen. Viel Spaß!
[00:56.000]Einige Wochen, bevor die Kunstausstellung anfangen konnte,
[01:02.000]wurden alle Künstlerinnen und Künstler eingeladen, um sich den Ort einmal anzuschauen.
[01:10.000]Der Ort der Kunstausstellung ist nämlich ein ganz besonderer Ort.
[01:15.000]Die Ausstellung findet in einem ehemaligen Bunker aus dem zweiten Weltkrieg statt.
[01:23.000]Und das ist kein unterirdischer Bunker, kein Bunker unter der Erde,
[01:30.000]sondern der Bunker ist überirdisch.
[01:34.000]Es ist ein großer Turm mit dicken Wänden aus Beton.
[01:39.000]Und früher diente dieser Turm dazu, dass die Menschen bei Bombenalarm
[01:47.000]hier Schutz vor den Bomben suchen konnten.
[01:51.000]Und heute ist dieser Turm umfunktioniert worden
[01:55.000]und jetzt können Kunstausstellungen in diesem Turm stattfinden.
[02:01.000]Es gibt hier viele einzelne kleine Räume
[02:05.000]und jeder Künstler hat dann einen kleinen Raum für sich
[02:09.000]und er kann diesen Raum dann so gestalten, wie er es möchte.
[02:14.000]Man kann diesen Raum so lassen, wie er ist.
[02:18.000]Wenn man diese Betonwände interessant findet,
[02:22.000]aber man kann diese Räume auch anmalen mit interessanten Farben und Mustern,
[02:28.000]die zu den Kunstwerken passen, die man hier dann ausstellen möchte.
[02:33.000]Und ich finde, dass das eine ganz tolle Idee ist,
[02:36.000]aus so einem düsteren, gruseligen Ort wie diesem Bunker
[02:41.000]so eine bunte, farbenprächtige Kunstausstellung zu machen.
[02:47.000]Mein eigenen Raum habe ich schnell gefunden.
[02:51.000]Die Kunstausstellung gab es vor einem Jahr so ein Mal
[02:56.000]und ich habe hier so einen Raum gefunden, der weiß gestrichen ist
[03:01.000]und dann gibt es so schwarze Striche,
[03:04.000]die der Künstler letztes Jahr noch in diesen Raum gemalt hat
[03:09.000]und diesen Raum habe ich mir dann für meine eigene Ausstellung ausgesucht,
[03:14.000]weil ich finde, dass diese schwarzen Striche
[03:17.000]sehr gut zu den schwarzen Rahmen von meinen Bildern passen
[03:21.000]und ich denke, dass das alles sehr gut miteinander harmonieren wird.
[03:27.000]Bevor die Ausstellung stattfinden kann,
[03:31.000]kommt erstmal jede Menge Arbeit auf die Künstler zu.
[03:35.000]Die Installationen müssen in den Räumen eingerichtet werden,
[03:39.000]Skulpturen müssen aufgehängt werden,
[03:43.000]die Bilder müssen an die Wände angeklebt werden
[03:48.000]und überall sieht man jetzt erstmal Künstler,
[03:51.000]die ihre Bilder aufhängen und ihre Kunstwerke anbringen.
[03:55.000]Aber ab und zu bleibt auch immer ein bisschen Zeit,
[03:59.000]damit man durch die Gänge gehen kann
[04:01.000]und sich mit den Künstlern ein bisschen unterhalten kann,
[04:04.000]denn es ist ja auch schön, wenn man nicht nur arbeitet,
[04:08.000]sondern wenn man ab und zu auch die anderen Künstler kennenlernen kann
[04:13.000]und so kann man dann auch ein paar Ideen austauschen.
[04:17.000]Zu den Preisen beispielsweise,
[04:19.000]wie viel die einzelnen Künstler für ihre Bilder nehmen wollen.
[04:24.000]Das war bei mir so eine offene Frage.
[04:27.000]Ich wusste nicht, wie viel ich für meine Bilder nehmen soll
[04:30.000]und dann ist das natürlich interessant,
[04:32.000]dass die anderen Künstler so nehmen
[04:35.000]und wie die anderen Künstler das machen
[04:38.000]oder man kann sich darüber austauschen,
[04:40.000]wie man am besten die Bilder an diese dicken Betonwände bekommt.
[04:46.000]Und zum Schluss ist wirklich eine wunderbare Ausstellung entstanden.
[04:54.000]Und die Besucher sind auch begeistert.
[04:57.000]Vor dem Turm bildet sich eine lange Schlange
[05:01.000]mit Menschen, die darauf warten,
[05:03.000]dass sie in den Turm hineingelassen werden.
[05:07.000]Die Ausstellung heißt deshalb die Honigschleuder,
[05:11.000]weil es ungefähr 40 Räume gibt.
[05:16.000]Und diese Räume sind so organisiert,
[05:20.000]dass es wie eine Honigwabe aussieht.
[05:25.000]Es ist wirklich faszinierend,
[05:27.000]wie unterschiedlich die einzelnen Räume jetzt aussehen
[05:31.000]und was für unterschiedliche Ideen die Künstler haben.
[05:35.000]Es gibt alle Arten von Malerei hier im Bunker.
[05:41.000]Es gibt Malerei, die eher so ein bisschen traditionell aussieht
[05:47.000]mit traditionellen Formen,
[05:50.000]so wie ich das beispielsweise auch mache.
[05:53.000]Also man kann Personen und Landschaften erkennen
[05:58.000]und dann gibt es ganz abstrakte Gemälde mit abstrakten Formen.
[06:03.000]Es gibt aber auch viele Bildhauer,
[06:06.000]die hier ihre Kunstwerke ausstellen
[06:10.000]und viele Skulpturen gibt es auch zu sehen.
[06:14.000]Dann gibt es eine Menge interessanter Installationen
[06:19.000]und manchmal hat man den Eindruck,
[06:22.000]dass ein Gemälde wie ein Foto aussieht,
[06:25.000]wenn man nicht genau hinschaut
[06:27.000]oder dass ein Foto wie ein Gemälde aussieht
[06:33.000]und dann kann man auf den ersten Blick gar nicht erkennen,
[06:36.000]ob es sich um ein Foto oder um ein Gemälde handelt.
[06:40.000]Diese Kunstarstellung sieht aus wie ein richtig gutes Kunstmuseum
[06:44.000]mit vielen unterschiedlichen Künstlern
[06:47.000]und unterschiedlichen Kunststilen.
[06:50.000]Was ich auch sehr mag,
[06:52.000]das ist dieser Kontakt zu den anderen Künstlern,
[06:55.000]der hier entsteht.
[06:58.000]Ab und zu müssen wir den Turm auch verlassen
[07:01.000]und dann setzen wir uns draußen ins Freie
[07:04.000]und erzählen miteinander
[07:07.000]und es gab ganz tolle,
[07:09.000]interessante Gespräche mit anderen Künstlern.
[07:13.000]Es gab viele Künstler,
[07:15.000]die nach jedem Ausstellungstag
[07:17.000]erstmal zusammen gefeiert haben.
[07:20.000]Zuerst haben sie sich Essen bestellt
[07:23.000]und dann sind sie zu so einem Gelände gefahren
[07:28.000]in einem Künstlerviertel in Hannover
[07:31.000]und dort gab es dann so eine Party.
[07:34.000]Leider war ich nicht mit dabei,
[07:37.000]ich war nach jedem einzelnen Tag immer so müde,
[07:41.000]dass ich gleich nach Hause gefahren bin,
[07:44.000]aber ich weiß, dass die anderen
[07:47.000]auf 3 Uhr morgens teilweise gefeiert haben
[07:50.000]und ich habe interessante Geschichten gehört.
[07:54.000]Beispielsweise soll es auf einer dieser Partys
[07:57.000]eine Performance-Künstlerin gegeben haben,
[08:00.000]die eine sehr provokante Performance gemacht hat
[08:04.000]und dabei irgendetwas mit Menstruationsblut
[08:07.000]gemacht haben soll.
[08:10.000]Und leider konnte ich mir das nicht angucken,
[08:13.000]aber es hat sich sehr interessant angehört,
[08:16.000]was die anderen Künstler davon berichtet haben.
[08:20.000]Was ich auch sehr schön finde,
[08:23.000]ist, dass es hier viel unkomplizierter ist,
[08:26.000]als beispielsweise in der Wissenschaft.
[08:30.000]Ich habe jetzt lange Zeit meine Doktorarbeit geschrieben
[08:34.000]und an der Universität,
[08:37.000]da gibt es ganz viele Regeln,
[08:39.000]an die man sich halten muss.
[08:41.000]Man muss sich die ganze Zeit Gedanken darüber machen,
[08:44.000]wie man etwas sagt, wie man etwas macht.
[08:48.000]Man muss immer höflich sein,
[08:51.000]man darf nicht direkt sprechen,
[08:53.000]weil man die ganze Zeit Angst haben muss,
[08:55.000]dass irgendwer beleidigt ist.
[08:57.000]Und hier sind alle total offen
[09:00.000]und alle sagen einfach, was sie denken
[09:03.000]und ich finde das sehr erfrischen,
[09:06.000]dass es hier alles so frei ist
[09:08.000]und so unkompliziert ist.
[09:10.000]Ich hatte mir wahnsinnige Gedanken vorher gemacht,
[09:13.000]wie ich meine Bilder aufhängen soll,
[09:15.000]wie das am besten geht,
[09:18.000]ob ich das alles hinbekomme.
[09:20.000]Und am Ende war es so,
[09:22.000]dass sich alle Künstler gegenseitig geholfen haben.
[09:26.000]Und wenn einer keinen Schraubenzieher hatte,
[09:29.000]dann hat er einfach den Nachbarn gefragt,
[09:32.000]hast du mal einen Schraubenzieher für mich?
[09:35.000]Und so hat man sich gegenseitig geholfen.
[09:38.000]Und wenn der eine Künstler nicht bohren konnte,
[09:41.000]dann hatte er einfach eine Künstlerin gefragt,
[09:44.000]die in der Nähe war und die hat dann die Löcher gebohrt.
[09:47.000]Und so haben wir uns gegenseitig geholfen
[09:50.000]und uns gegenseitig unterstützt.
[09:53.000]Besonders interessant war es auch,
[09:56.000]wenn wir uns in unsere Räume hineingestellt haben
[09:59.000]und dann zugehört haben,
[10:02.000]was die einzelnen Besucher so besagt haben
[10:05.000]über unsere Bilder.
[10:07.000]Und da hatte man zwei Möglichkeiten.
[10:10.000]Man konnte einmal sich so eine Klammer an den Pullover stecken,
[10:15.000]da stand dann der Name drauf
[10:17.000]und dann konnten die Leute sehen,
[10:19.000]wer der Künstler gewesen ist
[10:21.000]und die Leute konnten einen ansprechen und fragen,
[10:24.000]was haben sie sich denn gedacht,
[10:26.000]als sie die Bilder gemalt haben?
[10:29.000]Man konnte aber auch einfach anonym in diesen Raum hineingehen,
[10:34.000]dann haben die Leute einen nicht sofort erkannt
[10:38.000]und dann konnte man anonym zuhören,
[10:41.000]was die Leute so zu den Bildern gesagt haben.
[10:45.000]Und das war eigentlich noch interessanter.
[10:49.000]Manche Zuschauer haben zu meinen Bildern
[10:52.000]mit den vielen nackten Leuten gesagt,
[10:54.000]dass dieser Raum ja eigentlich erst ab 18 sein müsste,
[10:59.000]weil sie diese Bilder anscheinend nicht jugendfrei fanden.
[11:05.000]Und dann gab es Familien mit Kindern,
[11:08.000]auch mit sehr kleinen Kindern,
[11:10.000]die in meinen Raum gegangen sind
[11:12.000]und die einfach das ganz normal fanden,
[11:15.000]diese Bilder mit kleinen Kindern sich anzuschauen.
[11:18.000]Und das war ja im Grunde auch der Sinn meiner Arbeit.
[11:22.000]Also es geht in meinen Bildern ja um Nacktheit
[11:25.000]und nicht unbedingt um Geschlechtsverkehr.
[11:29.000]Und dann gab es Besucher,
[11:31.000]die mir beispielsweise Fragen gestellt haben
[11:34.000]mit dem Thema Spiritualität,
[11:36.000]weil sie gelesen hatten,
[11:38.000]dass ich mich als Künstler mit Spiritualität auseinandersetze
[11:42.000]und das wollten sie gerne näher wissen,
[11:45.000]wie man denn jetzt Spiritualität
[11:47.000]in meinen Bildern entdecken könnte.
[11:50.000]Und das konnte ich dann erklären.
[11:52.000]Also jeder Künstler konnte sich in seinen Raum stellen
[11:55.000]und konnte dann die Fragen dieser Leute beantworten
[11:59.000]oder einfach lauschen,
[12:01.000]einfach zuhören,
[12:03.000]die ein normaler Betrachter
[12:06.000]und zuhören,
[12:08.000]was die einzelnen Personen dann zu den Bildern zu sagen hatten.
[12:12.000]Zum Schluss sieht diese ganze Ausstellung
[12:16.000]wie ein riesiges Gesamtkunstwerk aus.
[12:20.000]Wir haben einmal unsere einzelnen Räume
[12:24.000]und unsere einzelnen Ausstellungen,
[12:26.000]aber am Ende ist dieser Turm
[12:29.000]ein riesiges Gesamtkunstwerk,
[12:31.000]das von 40 sehr unterschiedlichen Künstlern
[12:34.000]erschaffen wurde.
[12:37.000]Also wir können uns sowohl die einzelnen Künstler
[12:40.000]und die einzelnen Kunstwerke angucken
[12:43.000]als auch die Ausstellung
[12:45.000]als ein riesiges Gesamtkunstwerk
[12:48.000]in diesem Bunker betrachten.
[12:50.000]Leider ist die Ausstellung dann auch irgendwann
[12:53.000]wieder zu Ende nach ein paar Tagen.
[12:56.000]Die Künstler haben alle Kunstwerke verkauft
[12:59.000]und die wenigen Kunstwerke,
[13:02.000]die nicht verkauft wurden,
[13:04.000]werden wieder zurück ins Atelier gebracht
[13:07.000]oder ins Lager.
[13:09.000]Und dann geht es ans Aufräumen
[13:12.000]und da ist auch wieder jede Menge zu tun.
[13:15.000]Die Organisatoren hatten uns geschrieben,
[13:18.000]dass wir die Räume Besen rein hinterlassen sollen,
[13:22.000]also alles soll sauber gemacht werden
[13:25.000]und da müssen einige Künstlerinnen
[13:28.000]jetzt erstmal arbeiten,
[13:31.000]um diese Räume wieder ordentlich sauber zu bekommen.
[13:34.000]Und am Ende sieht dieser ganze Turm
[13:37.000]und dieser ganze Bunker wieder so aus,
[13:40.000]wie wir ihn vorgefunden haben
[13:43.000]zu Beginn der Ausstellung.
[13:46.000]Und wir sind ein bisschen wehmütig,
[13:49.000]dass es so schnell wieder vorbei ist,
[13:52.000]weil wir ja auch so viele spannende Sachen gesehen haben
[13:55.000]und so viele tolle Leute kennengelernt haben.
[13:58.000]Wir sind jetzt auf jeden Fall erstmal am Ende
[14:02.000]unserer Folge von der Kunstausstellung
[14:05.000]Honigschleuder.
[14:08.000]Ich hoffe, euch hat es gefallen
[14:11.000]und ihr könnt ja mal gucken,
[14:13.000]wenn ihr in Hannover seid,
[14:15.000]welche Kunstausstellung es vor Ort so gibt.
[14:18.000]Vielleicht gibt es eine neue Honigschleuder
[14:21.000]oder eine andere interessante
[14:24.000]Kunstausstellung.
[14:26.000]Das Transkript findet ihr wie immer
[14:29.000]unter www.14minuten.de
[14:32.000]und ihr könnt Patrick und mich gerne unterstützen,
[14:36.000]wenn ihr dieses Buch lest,
[14:39.000]Tomo feiert in Deutschland
[14:41.000]mit vielen interessanten kleinen Geschichten
[14:44.000]zum Deutsch lernen.
[14:46.000]Oder ihr unterstützt uns bei Patreon,
[14:49.000]bei Apple oder YouTube.
[14:51.000]Und damit wünsche ich euch noch
[14:53.000]eine ganz tolle Woche.
[14:55.000]Tschüss!